Frau im Vorborgenen

Eigenmarketing: Vermarkte dich selbst – Food Lover Edition

Mariella Behind the Scenes Leave a Comment

“Hallo, ich heiße Sebastian und ich bin Obdachlos.”

Ein Mann mit dunklen wuscheligen Haaren, wahrscheinlich Mitte dreißig, nicht besonders groß und relativ dünn stellte sich in der U-Bahn in den Mittelgang und fing freundlich aber bestimmt an zu reden.

Ich war gerade auf dem Weg zu einem Termin.

Mein erster Gedanke “oh…da bettelt wieder einmal jemand in der U-Bahn… ist ja eigentlich verboten.”

Doch etwas Grundlegendes unterschied Sebastian von anderen Bettlern:

  1. Er hielt seine Wiener Linien Jahreskarte mit Foto und Namen darauf vor seine Brust, so dass alle sie sehen konnten. Das war schon sehr ungewöhnlich. Die meisten Obdachlosen fahren ohne Ticket und weisen sich nicht aus.
  2. Was er dann sagte, überraschte mich noch mehr:

“Ein Bett in der Vinzi-Rast* kostet 21 Euro 50. Könnten Sie mich bitte dabei unterstützen?” Das überzeugte mich. Ich kramte mein Kleingeld heraus und sah wie auch andere Leute ihm Geld gaben. Jedes Mal wenn er Geld annahm zählte er mit.

“Zwölf Euro Dreißig.”

“Vierzehn Euro zehn.”

“Fünfzehn Euro zwanzig.”

Ein Eigenmarketing-Genie.

Ob alles was er sagte der Wahrheit entsprach, kann ich nicht beurteilen. Und natürlich tut es mir wahnsinnig leid, wenn jemand überhaupt in die Lage gerät um betteln zu müssen. Doch wie er es gemacht hat, war sehr beeindruckend.

Denn folgende grundlegende Eigenmarketing-Prinzipien hat er angewendet:

  1. Er ist mit seinem Namen aufgetreten – nicht als anonyme Person.
  2. Er hatte eine gute Story. Also einen glaubhaften Grund wofür er Geld braucht.
  3. Er hat genau kommuniziert wie viel er braucht und was er erwartet. Kein “ein bisschen Kleingeld” sondern ein klares Ziel – 21,50 EUR.
  4. Seine Wortwahl war für diese Situation perfekt: Die Aufforderung war kurz, auf den Punkt gebracht und nicht aufdringlich.
  5. Er machte seine Story glaubwürdig, in dem er das erhaltene Geld sofort addierte. Dadurch haben alle die Geld gegeben haben ein besseres Gefühl. Hätte er gemurmelt “Juhu jetzt reicht’s für Vodka” hätte ich mich ehrlich gesagt betrogen gefühlt.

Jetzt kommt unsere Frage an dich. Vermarktest du dich auch so gut wie Sebastian?

Machst du Eigenmarketing oder agierst du im Verborgenen?
Foto von Zach Guinta auf Unsplash

Braucht dein Eigenmarketing ein Makeover?

Vielleicht hast du eine Website oder einen Food Blog, einen Instagram Account, bist bei Facebook oder TikTok. Vielleicht arbeitest du freiberuflich oder selbstständig oder hast es demnächst vor. Vielleicht möchtest du dein eigenes Kochbuch herausbringen.

Wann auch immer du dich oder deine Gerichte der Öffentlichkeit präsentierst, können die 5 Strategien von Sebastian auch dir helfen:

1. Zeig dich als Mensch.

Menschen “kaufen” von Menschen. Ein annonymer Food Blog ist viel uninteressanter als einer, bei dem man das Gefühl hat, die Autorin ist eine langjährige Freundin.

Also zeig dich öfters. Du kannst persönliches (deinen Charakter, Dinge die dir Freude bereiten, deine Abneigungen, deine Hobbies,…) zeigen ohne dein Privatleben in der Öffentlichkeit auszubreiten.

2. Erzähl Geschichten.

Du kannst zB mit deinen Food Fotos eine Geschichte erzählen, in dem du Dekoobjekte und Geschirr nutzt, dass zB an einen lauen Sommerabend im Haus der eigenen Großmutter erinnert. Du kannst aber auch zu einem Rezept eine Geschichte schreiben. Wie bist du drauf gekommen? Woran erinnert es dich? Was verbindest du damit?

3. Gib immer einen klaren “Call to Action” an.

Wenn du zB Food Fotos auf Instagram postest, sag was du erwartest. z.B: “Like das Foto und folge mir.” Klingt banal aber wir machen Dinge eher, wenn wir dazu aufgefordert werden. Wenn du eine Website hast, fordere die Leser:innen dazu auf, sich in eine Newsletterliste einzutragen. Einfach Content zu posten und darauf zu warten, dass irgendetwas passiert, funktioniert leider nicht. Den Fehler haben wir früher nämlich auch selbst gemacht.

4. Die richtigen Worte zum richtigen Zeitpunkt

Nehmen wir das Beispiel Rezepttitel. Den “Apfelkuchen nach Familienrezept” klickt wohl niemand so schnell an wie “Das geheime Apfelkuchen-Rezept, mit dem meine Ur-Großmutter meinen Ur-Großvater um den Finger wickeln konnte”.

5. Mach dich glaubhaft.

Wenn du zB im Ernährungsbereich tätig bist, sind selbst kreierte Rezepte oder Fotos deiner ausgewogenen Mahlzeiten ein wunderbarer Weg um deine eigene Kompetenz zu beweisen. Du zeigst, dass du das lebst, was du predigst.

Sind wir perfekt im Eigenmarketing? Sicher nicht. Wir lernen jeden Tag dazu. Wir sind auch sicher keine Marketing-Gurus. Aber wir haben in den letzten Jahren gemerkt, dass auch auf Social Media die Interaktionen auf unsere Food Fotos besser laufen, wenn wir uns als Meschen hinter dem Foto „mitvermarkten“ 😉

Wenn dich für Marketing und Social Media interessiert, sind vielleicht folgende 2 Podcast-Episoden für dich interessant:

3-Sekunden-Regel: Das solltest du darüber wissen: https://www.foodfotocampus.com/3-sekunden-regel-das-solltest-du-darueber-wissen/

Food Fotos in Sozialen Medien: https://www.foodfotocampus.com/food-fotos-in-sozialen-medien/

*(= Notschlafstellen und Quartiere für Obdachlose, durchaus bekannt in Wien)

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